Bô Yin Râ
hat in seinen griechischen Landschaften bereits vor- und ausgebildet,
was man dann unter dem Kennwort «Neue Sachlichkeit» geraume Zeit lang
anstrebte. Im Umkreis der
hellen Einweihungsstätten Delos, Delphoi und Eleusis fand er mit der
sicheren Einfühlung des Künstlers die reine und nackte, «sich nicht
zierende» Landschaft, den klaren Garten Gottes, wo die Formen nicht
durch sich vordrängende Regiekünste von Atmosphäre und Vegetation
verwischt sind.
Zwar ist sie schon jeweils in den Skizzen enthalten,
wird aber in den Durchführungen auf die eigentlichen Stammformen des
Erdleibes hin erschaut. Honiggelbe Marmortrümmer, kahle Berge, blaue
Buchten offenbaren ihre Quintessenz. Erst im innerlichen Erfassen dieser
mächtig wirkenden Stammformen, wie wir sie unverhüllt auf den
geistlichen Bildern später gewahren werden, wird jede mögliche
Erscheinungswelt genießbar und entzückend, nämlich enthusiasmierend,
weil der Gott zu spüren ist.
Diese Bilder helfen uns zu der Entdeckung,
dass nicht nur inwendige Antike, sondern das körperliche Hellas noch
heute dem, der Ohren hat zu hören, magische Worte zuflüstert. Bô Yin Râ
musste nach Hellas gehen, weil in diesem Sonnenlande die Möglichkeit
einer Vorwegnahme im Sinne der Goetheschen Antizipation des völligen
Daheimseins gerade für ihn bestand. Jenseits der griechischen Landschaft
gab es für ihn dann nur noch die Landschaften der Weltseele zu
gestalten: das schier vermessen erscheinende Unterfangen, etwas, das
kaum Analogie auf unserem Plan hat, in den irdischen Ring zu reißen!
Sogar die hellenischen Motive waren also diesem von ihnen wahrlich
ergriffenen und entzückten Geist mitunter noch zu mittelbar. Erst in den
geistlichen Bildern erwirkte er sich die ganze Befreiung und
Befriedigung in unmittelbarer Gestaltung. Wir aber wollen bei der
Betrachtung der hellenischen Gaben einstweilen noch zu erlauschen
suchen, was uns diese Bilder zuraunen.
Rolf Schott