WER IST BÔ YIN RÂ?
Obwohl alles, was nötig sein kann, um einen Menschen zu rubrizieren,
längst dort verzeichnet steht, wo man nach derlei Dingen, soweit sie
Bücherautoren betreffen, zu suchen pflegt, dürfte ich doch selbst am
besten über mich Bescheid wissen. Das wäre mir aber noch lange kein
Grund dafür, von mir selbst hier zu reden, wenn nicht Schweigen zu
allem, was als Legende umläuft, als Billigung ausgelegt werden könnte.
Dass ich nicht ein „chinesischer Dichter“ bin, als den man mich allen
Ernstes in einer Wiener Zeitung feierte und Gustav Meyrink, der einst
ein Vorwort zu meinem „Buch vom lebendigen Gott“ geschrieben hat,
daneben als „Entdecker“ dieses Zeitgenossen aus dem Reiche der Mitte ,
hätte dem freundlichen Rezensenten ein Blick in den „Kürschner“
allerdings sagen können. (Kürschners Deutscher Literatur Kalender,
Berlin und Leipzig)
Bedenklicher wird schon die Lesart, ich sei von „buddhistischen
Mönchen“ erzogen und „von Fakiren ausgebildet“ worden.
Dagegen lässt es sich immerhin verstehen, wenn Buchrezensenten mit
wichtiger Betonung verkünden, dass ihr Wissen um meinen deutschen
Familiennamen: Schneiderfranken ihr günstiges Urteil weiter nicht
behindern könne. Dem allem gegenüber glaube ich doch die Pflicht zu
haben, einmal auszusprechen, dass ich meinen Namen Bô Yin Râ mit
mindestens der gleichen Berechtigung trage, wie ein anderer etwa sein
Adelsprädikat. Es handelt sich hier nicht um ein frei gewähltes
„Pseudonym“, sondern um den Namen, der mir einst von Menschen gegeben
wurde, denen ich enger als allen anderen ja enger selbst als meiner
Familie verbunden bin, so dass er denn auch ohne jeden weiteren Zusatz
in meinen wichtigsten behördlichen Papieren ganz in gleicher Weise wie
der Familienname erscheint.
Wie jene Menschen in mein Leben traten, habe ich selbst in meinem
Buch der Gespräche mit aller hier erlaubten Deutlichkeit erzählt. Ich
spreche dort gewiss von asiatischen Ariern und Mongolen, aber weder von
„Fakiren“ noch von „buddhistischen Mönchen“!
Ich sprach in meinen Büchern so oft von der Art dieser geistigen
Vereinigung, dass ich hier wohl mich damit begnügen darf, zu sagen: es
handelt sich keineswegs um die Vertreter irgendeiner östlichen Religion,
Theo oder Philosophie, sondern um nichts Geringeres als den seit der
Urzeit stets verborgenen und streng gehüteten geistigen Tempel, der, von
Weisen aller Zeiten stets vermutet, aber nur von Seltenen gekannt, in
Verbindung mit allen geistigen Strömungen in der Menschheitsgeschichte
stand, soweit sie, über dieses Erdenleben hinaus, die Rätsel der
Ewigkeit zu erforschen suchten. Dass ich ein Glied dieses geistigen
Kreises wurde, ist wahrlich nicht mein Verdienst. Ich hatte nie den
sonderbaren Ehrgeiz, ein „Heiliger“ zu sein und wäre auch als ein
solcher keinesfalls diesem Kreise nahegekommen. Mit ihm verbunden aber
ward mir die Pflicht, in diesen Tagen allen Suchenden zu künden von dem,
was sich mir auf eine Art enthüllte, die jenseits von allem
intellektuellen Erschließen ist. So entstanden die Bücher, die meinen
Namen tragen und die ich nur unter diesem Namen geben durfte, da
wahrlich meine bürgerliche Herkunft nichts damit zu tun hat, dass ich
sichere Kunde von den Dingen bringen kann, die in diesen Schriften
behandelt werden. Literarischer Ehrgeiz lag mir von Anfang an fern, und
Broterwerb brachte mir seit Jahrzehnten eine andere Tätigkeit, die sich
genugsam auch heute warmer Anteilnahme erfreut.
Wenn ich auch dort, wo es nicht unerlässlich geboten ist, mit dem mir
gewordenen Namen zeichne, so drückt dies nichts anderes aus, als dass
ich mich ihm weit enger als meinem Familiennamen verbunden weiß, was
wieder Folge innerer Einheit ist, die in dem nur eigene Geistesart nach
uralten Lautwertgesetzen bezeichnenden Namen allein sich selbst erkennt.
Denen, die auch um meine äußere Herkunft wissen wollen, aber sei
gesagt, dass ich vom Vater wie von der Mutter her aus alter,
christlicher Bauernfamilie Mitteldeutschlands stamme.
Ich wünschte aber, dass die Tausende, die meine Bücher lesen, mehr
nach dem Inhalt als nach dem Autor fragten.