Eine Klarstellung von Bô Yin Râ
Dass es zu allen Zeiten Menschen gab, die in geradezu
bewunderungswürdigem Glauben an sich selbst und die Unfehlbarkeit ihrer
Gesichte, vermeintliche „Wahrheit“ Anderen fanatisch aufzudrängen
suchten, dass es niemals an machtlüsternen Spekulanten auf die willige
Leichtgläubigkeit frommer Seelen fehlte, weiß jeder, der das Sehnen der
Menschheit kennt, die Mauern zu überfliegen, die physisch sinnlichem
Erkennen unübersteigbar sind. Das darf aber nicht davon abhalten,
Mitteilung menschlicher Erfahrung in überirdischen Gebieten stets wieder
aufs neue zu prüfen, denn wenn auch hier auf tausend Irrtümer, auf
tausend Bekundungen bloßen Geltungstriebes, nur ein einziger Einblick in
übererdensinnliche Wirklichkeit käme, so wäre die Aufmerksamkeit schon
reichlich belohnt.
ICH bin in der wenig beneidenswerten Lage, solche prüfende
Aufmerksamkeit für meine eigenen Bekundungen fordern zu müssen.
Es handelt sich hier nicht etwa um eine „Weltanschauung“, sondern um
die Mitteilung meiner Erfahrungen, die in jeder Form religiöser
Überzeugung ihren Platz finden können, sofern nur die Möglichkeit
übererdenhafter Erfahrung nicht a priori weggeleugnet wird.
Aufs beste vertraut mit den guten Gründen zur Skepsis gegenüber der
von mir behaupteten Möglichkeit solche Erfahrungen zu machen, bestreite
ich gewiss keinem Menschen das Recht, fürs erste den in meinen Schriften
gegebenen Berichten über die geistige Wirklichkeit, die uns alle trägt,
mit äußerster Vorsicht und mit mancherlei Zweifel zu begegnen.
Aber auch ich muss das Recht erwarten, die Bekundungen meiner
geistigen Erfahrung davor bewahrt zu sehen, dass man sie unbedacht zu
einer Kategorie menschlicher Äußerungen zähle, die mir zum mindesten
gleich fatal und glaubensunwürdig ist, wie dem hartgesottensten
Skeptiker unter meinen Lesern. Ich muss ferner darauf hinweisen, dass es
sich in allen meinen Schriften immer um zwei voneinander sehr
verschiedene Mitteilungskomplexe handelt: um das, was mir evident wurde
als Allen erreichbares menschliches Erfahrungsgut, auch wenn Weite und
Tiefe der möglichen Erfahrung hier stets von individueller Eignung
abhängen, und sodann um Mitteilung aus gesonderter, nur mir selbst
eröffneter Erfahrungsweise, soweit solche Mitteilung möglich und nötig
ist.
ICH rede in meinen Büchern nur von Dingen, die mir Inhalt eigenen
Erlebens sind.
Gerade darum aber war ich zuweilen genötigt, auch von der Art und
Weise dieses Erlebens Bekenntnis abzulegen.
Wie es sich aber, beispielsweise, in den Schriften eines Botanikers
gewiss nicht in erster Linie um das individuelle Erleben des Forschers
in der Landschaft handelt, die ihm sein Studienmaterial an die Hand gab,
sondern um die Bereicherung seiner Spezialwissenschaft, so will ich auch
in meinen Büchern alles, was ein nicht allen zugängliches individuelles
Erleben betrifft, lediglich als erklärende Beigabe betrachtet wissen,
und ich lege Wert darauf, dass meine Leser sich zueignen, was ihre
Fähigkeit zu eigener Erfahrung im innersten Seinsbereich des Menschen zu
fördern sucht. Jeder, der sich einmal eingefühlt hat in meine
Darstellungsweise und dann Wort und Silbe in sein Inneres dringen lässt,
wird aus seiner eigenen innersten Tiefe empfangen, wessen er bedarf.
NICHTS aber wäre verkehrter, als wenn man sein Interesse mir, als dem
Mitteilenden, zuwenden wollte, statt es allein auf die Mitteilung zu
konzentrieren!
Mit allem Nachdruck muss ich mich hier denn auch dagegen verwahren,
etwa eine neue „geistige Bewegung“ oder eine neue Religionsform ins
Leben rufen zu wollen.
Die Menschheit dieser Tage hat wahrlich eine reiche Auswahl an
Religionsgemeinschaften zur Verfügung, und jedes Gemüt kann die Formen
wählen in denen seinem Verehrungsbedürfnis, dem Göttlichen gegenüber,
Genüge geschieht. Wir brauchen gewiss keine „neue Religion“ und noch
weniger neue Sektenbildungen!
Was hingegen bitter nottut, ist ein Erwecken der lebendigen geistigen
Kräfte, die der Erdenmensch auch heute noch in sich selber finden kann,
genau wie sie jene Früheren in sich fanden, die als erste Gläubige sich
um die heute jahrtausendealten religiösen Symbole scharten.
Was da in unseren Tagen so vielen als „veraltet“ und nicht mehr „der
Zeit gemäß“ erscheint, steht immer noch erst am Anfang seiner realen
geistigen Auswirkung, und wenn diese Zeit das Altgegebene als ihr nicht
mehr „gemäß“ empfindet, so ist sie nur insofern im Recht, als ihr der
Maßstab fehlt für die Höhe und Tiefe der verborgenen Wahrheit, die sie
in ihren überlieferten religiösen Symbolen finden könnte, forderten die
Gläubigen nicht einen Glauben an Worte, wo alles „Wort“ nur als Symbol
begriffen werden kann...
GEWISS sind die Mitteilungen meiner Bücher in erster Linie für
Menschen bestimmt, die vergeblich versuchten in den überkommenen
religiösen Formen zur wahren Gottverbundenheit zu gelangen, und die
dennoch das Bedürfnis in sich fühlen, ihr Dasein im Einklang mit dem
geahnten, ewigen Lebensgrunde zu empfinden.
Darüber hinaus aber wollen die gleichen Mitteilungen aus den
Erfahrungsbereichen ewiger Wirklichkeit auch jene Menschen erreichen,
die zwar in den altehrwürdigen Formen religiöser Überlieferung
verharren, aber aus einer Gewissensnot in die andere geraten, weil
konventionelle Wortgebundenheit sie hindert, die ewigen Kräfte der Seele
in sich zu lösen, die ursprünglich durch das Aufnehmen der
Glaubenssymbole erweckt und gelöst werden sollten.
Was ich an Mitteilungen über geistiges Erfahren gebe, soll nicht etwa
die alten religiösen Fassungsformen urständiger Wahrheit „überflüssig“
machen, sondern ihren kostbaren Inhalt für das Bewusstsein wieder
erkennbar werden lassen. So gewiss dieser verborgene Inhalt zu finden
ist, so gewiss ist es ein verhängnisvoller Irrtum, zu glauben, dass neue
Gemeinschaftsbildung nötig sei, um das Verborgene dem inneren Sinn zu
enthüllen.
Auf solche Weise gerät man nur in erhebliche Gefahr, wirkliches
Weisheitsgut, das man unerkannt besaß, endgültig zu verlieren, um für
solchen Verlust dann die fragwürdigsten Idole einzutauschen, die jemals
irrende Gehirne sich erschaffen haben.
Es gab allezeit reichlich Beispiele, die das bestätigten, und wenn
man sie in unseren Tagen sucht, wird man nicht weit zu gehen brauchen.
WER in den Symbolen seiner angestammten Religionsform die ewige
Wahrheit finden will, der soll in Vertrauen bei diesen Symbolen
verharren, bis sie sich ihm erschließen.
Was ich in meinen Schriften niederlegte, ist nicht in allen Stücken
für ihn bestimmt, aber gar vieles wird er sich zu eigen machen können,
auch wenn er sich genötigt sehen mag, die Weise meiner Mitteilung in die
gewohnte Formel seiner religiösen Lehrmeinung zu „übersetzen“.
Er wird genug der Worte finden, die seinen Glaubenswillen neu
beleben, und wo er nur im Kampfe gegen schwere Zweifel sich noch Glauben
zu erringen suchte, dort wird er durch die Mitteilungen, die ich ihm zu
geben habe, erst wieder zur inneren Sicherheit kommen.
Aber auch dort, wo man nicht mehr gewillt ist sich religiöser Leitung
anzuvertrauen, wird dennoch manche vordem verdunkelte Lehre aus altem
Religionsgut aufzuleuchten beginnen, so dass sie, auch ohne Bindung an
irdische Bekenntnisform, in der Seele Eingang findet.
WAS ich mitzuteilen habe, steht jenseits von Glaube und Unglaube!
Jede Religionsform hat ihre Apologeten und jede Apologie hat ihre
Widersacher. Es gibt kein unfruchtbareres Zeitvergeuden, als das Gezänk
um religiöse Meinungen.
Nichts liegt mir darum ferner, als die törichte Absicht, irgend einem
Glauben oder irgend einer Glaubensablehnung als Eideshelfer dienen zu
wollen. Der Leser meiner Bücher mag zusehen, wie sich das, was ich ihm
zu sagen habe, in seine „Weltanschauung“ einfügen lässt, aber er darf
nicht an meine Schriften herangehen in der irrigen Meinung, als stünde
ich im Dienste irgend einer Religionsform, oder deren Gegner.
Obwohl ich versuche, allen Bezirken menschlichen Erlebens gerecht zu
werden, kann man doch von einem Hauptinhalt meiner Schriften sprechen,
der sich vielleicht auf folgende Formel bringen lässt:
ICH gebe Mitteilung von der mir erfahrungsgemäß bewussten
Verwurzelung des Erdenmenschen in einem mit physischen Sinnen
unfassbaren, aber gleichwohl nur „sinnenhaft“ durch geistige Sinne
erfahrbaren, substantiellen „geistigen“ Kräftebereich, in dem das
individuelle Bewusstsein des Menschen schon während dieses
erdenkörperlichen Lebens zum Erwachen kommen kann, in dem es aber
unweigerlich nach dem Aufhören physisch sinnlichen Daseins zum Erwachen
kommen muss.
Ich gebe Mitteilung von der mir erfahrungsmäßig bewussten Hierarchie
individueller geistiger Helfer, die ausgeht aus dem innersten Urkern des
genannten geistigen Kräftebereiches, und herabsteigt bis in das
Menschentum auf diesem Planeten, allwo sie in einzelnen, vor ihrem
irdischen Werden dazu vorbereiteten Menschen zur Auswirkung kommt.
Ich gebe Mitteilung von der mir erfahrungsmäßig bewussten
Möglichkeit, in geistigen Konnex mit dieser Hierarchie zu kommen, und
zeige den Weg, wie das zu erreichen ist.
Ich gebe endlich auch Mitteilung, wie ich selbst zu der mir
zugänglichen Erfahrung kam, und weshalb ich dazu kommen musste.
DIE Benennungen in denen ich von dem mir erfahrungsmäßig bewussten
„geistigen Kräftebereich“ und seinem innersten „Urkern“, sowie von den
Gliedern der von ihm ausgehenden „geistigen Hierarchie“ zu reden pflege,
entstammen keiner sprachlichen Willkür, sondern entsprechen der
Fassungsform, die allen auf Erden ausmündenden Gliedern dieser
Hierarchie gemeinsam ist.
Das schließt jedoch nicht aus, dass jeder Aufnehmer meiner
Mitteilungen diese Benennungen in die ihm gemäße oder liebgewordene
Redeweise übertragen kann, möge er die Worte aus dem Begriffschatz
seiner angestammten Religionsform wählen, oder sich selbst seine
individuellen Bezeichnungen schaffen. Es kommt nur darauf an, dass er
das geistig Wirkliche erfühle, auf das meine Benennungen hindeuten.
Wenn man bei einem gewissen religiös bestimmten Sprachgebrauch
verbleiben will, so darf man wahrlich sagen, dass ich von
„Heilstatsachen“ Mitteilung gebe, allein, ich kenne „Heilstatsachen“
nicht nur als einmaliges Geschehen, sondern als immerwährenden Vorgang.
WOHL bin ich mir des Mangels bewusst, dass ich nicht an allen Stellen
meiner Mitteilungen, und nicht zu allen Zeiten der Niederschrift, die
gleiche Eindeutigkeit des Ausdrucks zu erreichen vermochte, aber der
Leser, dem es nur um den Wahrheitsgehalt des Gesagten zu tun ist, wird
gewiss dennoch bald erkennen lernen, wie ich meine Worte verstanden
wissen will. Die Weise des sprachlichen Ausdrucks ist eine Angelegenheit
erdenmenschlicher Vervollkommnung, und überdies handelt es sich in
meinen Mitteilungen, soweit sie das nur auf innere, geistige Art
Erkennbare betreffen, um Dinge, die in Worten kaum darstellbar sind.
ES ist mir nicht „Bedürfnis“ sondern unumgängliche Pflicht, das
geistig Erfahrene meinen Mitmenschen mitzuteilen, und ich muss hier
gestehen, dass mir die Erfüllung dieser Pflicht von allem Anfang an
wahrlich nicht leicht geworden ist.
Mit der erfolgten Niederschrift ist jedoch meine Pflicht getan, so
dass ich dann gerne höherem geistigen Wirken überlasse, den dargebotenen
Samen in geeignetes Erdreich zu versenken, damit er lebendige Frucht
hervorbringe, wo immer es möglich werden kann.
Gewiss gewahre ich mit Freude, dass so manches Samenkorn schon
aufgegangen ist, aber diese Freude äußert sich in mir nur als ein
Mitempfinden geistigen Geschehens, dem ich hier auf Erden dienen durfte.
Peinlich aber berührt mich stets die gutgemeinte Zusicherung mancher
Leser meiner Schriften, dass sie durch nichts mehr sich abwenden lassen
würden von dem, was sie durch mich empfingen.
Ich höre aus solchen Worten ein Treuegelöbnis, das ich weder erwarte
noch gutheißen kann, denn wer wirklich erfasste, was ihm meine
Mitteilungen geben wollen, der weiß, dass er nur sich selber die Treue
zu halten braucht um fortan gesichert zu sein vor allem Irrtum, und
geborgen zu bleiben in seinem lebendigen Gott.
WAS meine Schriften übermitteln, soll nicht etwa „geglaubt“, sondern
sachlich aufgenommen werden, so dass es Erweckung eigenen innersten
Erlebens bewirken kann.
Ich bin kein Prophet, der „Bekenner“ braucht, kein Kämpfer, der nach
„Anhängern“ hinter sich blickt sondern nur ein Vermittler geistiger
Einblicke in die ewige Heimat des Menschen.
Wer meiner Führung sich vertrauen mag, den führe ich nicht zu mir,
sondern auf den Weg zu seinem eigenen innersten, ewigen Lebensgrund, der
mir erfahrungsgegenwärtig ist zu jeder Zeit, weil ich selbst in ihm
bewusst geworden bin.
Das Ungewohnte solcher Bekundung lasse der Leser meiner Bücher
getrost auf sich beruhen, bis er durch Benützung der gegebenen Hinweise
selbst zur Einsicht in seine ewige Natur gelangte, und damit zu eigener
Urteilsgewissheit. Dann werden ihm meine Worte nur noch Bestätigungen
seines Selbsterlebens sein!
Bô Yin Râ