In längerem Einzelunterricht förderte ihn der
damals in Frankfurt wirkende Hans Thoma, dessen verborgene inwendige
Mathematik auf den Schüler überging. Sonst beeindruckten die Lehrer, die
er während seiner Wanderjahre in Wien, München und Paris gefunden hatte,
sein Eigenes nicht allzusehr. Vielleicht aber waren die Eindrücke, die
von der stillen Größe des Puvis-de-Chavannesschen Werkes ausgingen, das
damals seinem Wesen Gemäßeste, was ihm Paris zu spenden hatte.
Im damaligen Deutschland interessierten sich
Klinger, Boehle und, wie schon gesagt, der edle Thoma für ihn. Dieser
innerlich so fromme Künstler förderte ihn zeichnerisch und suchte ihm
einen linearen Duktus einzugeben, der voll empfindsamen Lebens und
verwickelter Craqueluren steckte. Diese Art musste Bô Yin Râ, der in
Linien und großen Flächen baute und seine Formen im Bauhüttengeist
wahrhaft «rechtwinklig an Leib und Seele» zu finden wusste, später
beträchtlich für sich umgestalten, wiewohl gerade von Thomas klarsten
und beseeltesten Landschaften willkommene und wichtige Anregungen zu ihm
kamen. Thoma hat sich dann als alter Mann auf seine Art die Lehre seines
einstigen Schülers einbezogen und auch darüber geschrieben. Klinger
hingegen begnügte sich damit, den bei ihm Anpochenden in seinem
Eigensten zu bestärken. Vielleicht hat er als Graphiker auf gewisse
frühe, philosophisch und romantisch gestimmte Schwarzweißzyklen einigen
Einfluss ausgeübt.
Nach jeweils vierjährigem Aufenthalt in Berlin
und München, auch einigen Italienfahrten, ging er 1912 nach
Griechenland, wo für den Menschen und Künstler Reife, Erfüllung und
Weihe bevorstanden.
Der Kreis der griechischen Landschaften und der
Kreis der geistlichen Bilder, beide innig ineinander verwoben, werden
uns als Zeugnisse erreichter Meisterschaft festhalten, wobei die
glücklichen Visionen des Südgefühls, die überklaren hellenischen Spenden
uns die unerlässliche Vorbereitung auf die gemalten kosmischen
Schauungen erteilen, deren künstlerische Struktur wir aufspüren müssen,
ohne dass deren Gehalt je auszuschöpfen wäre, wiewohl wir herausholen
dürfen, was immer sich unserem Fassungsvermögen darbieten mag.
Rolf Schott